Ja, tatsächlich, es gibt einen Ort, an dem das engstirnige Unverständnis für die Notlagen anderer Menschen sein Herrschaftsgebiet hat und sich in zynischen Äußerungen unter dem Deckmantel der Diskussion verbreiten kann. Natürlich ist dieser Ort im Internet zu finden, dort jedoch an einer speziellen Stelle: dem Kommentarbereich bei spiegel online. Dieses Mal trafen Nickname-gesteuerte Spott und Häme den Höhlenforscher Johann Westhauser, der vor einigen Tagen in einer der aufwendigsten Aktionen alpiner Rettungsgeschichte aus der Riesending-Höhle gerettet wurde. Weiterlesen
Gucken erwünscht
Bis spätestens 21.59 Uhr muss heute so mancher für sich eine Gretchenfrage beantworten: gucken oder nicht gucken. Keine einfache Entscheidung nach all dem, was im Vorfeld der Fußball-WM in den Medien hochgekommen ist: die Proteste breiter Bevölkerungsgruppen gegen Verschwendung und sich verschlechternde soziale Bedingungen, die teilweise äußerst brutal von der Polizei niedergeschlagen wurden. Ein Fußball-Weltverband als WM-Vergeber, der sich fast schon nicht mehr die Mühe macht, unlautere Praktiken bei der Vergabe zu verstecken. Kann man da noch unbeschwert einfach Fußball gucken, ohne sich dem System zu unterwerfen und es dadurch zu stützen? Man kann. Und man sollte sogar. Weiterlesen
Nein! Doch!! Ohhhhh!!!
Dieser bekannte Louis De Funès-Ausspruch dürfte ganz gut die Stimmungslage in Frankreich, Großbritannien und einigen anderen Ländern nach dem Europawahltag charakterisieren. Vor allem aber in Frankreich. Wenn Louis de Funès ihn ausspricht ist es allerdings immer lustig. In den Ländern Europas beschreibt dieser Ausspruch jetzt einen Schockzustand über den Wahlausgang, bei dem die meisten Politiker der europafreundlichen Parteien so tun, als hätte ihnen jemand schmutzige Heftchen in den Aktenordner geschmuggelt. Dabei haben sie selbst den Aktenkoffer offen rumgereicht, so dass jeder ihnen diesen Schund einfach hineinlegen konnte. Weiterlesen
Die geheime Verschwörung der Benimmtrainer-Illuminaten
Es war um 1780 als Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge in Frankfurt am Main lebte und in Logen und Geheimbünden verkehrte. Lange bevor er sein berühmtes Werk, Über den Umgang mit Menschen, niederschrieb, arbeitete er an einer anderen, kaum bekannten prophetischen Schrift: die Arbeitswelt im 21. Jahrhundert. Leider konnte er diese niemals veröffentlichen. Zufällig geriet das unbekannte Werk später in die Hände einiger Geheimbundbrüder aus Frankfurter Tagen, die es mit Knigges obigem Meisterwerk kombinierten, dabei jedoch die soziologische Komponente ignorierten und nur die oberflächlichen Aspekte beibehielten: geboren war der Geheimbund der Benimmtrainer-Illuminaten, die inzwischen als selbsterklärte Cerberusse der Arbeits- und Geschäftswelt “Null-Wissen” als geheimes Schmiermittel für den zielstrebigen Aufstieg verkaufen. Weiterlesen
Kein Fußball den Holzköpfen
Ein Artikel mit diesem Titel muss eigentlich Hooligans zum Thema haben. Hat er es nicht und thematisiert jemand anderen aus dem Fußballgeschäft, wie dieser Artikel es tut, wird es bedenklich. So bedenklich wie das Agieren des DFB letzte Woche im Vorfeld des Testspiels gegen Polen. Denn durch das Verhüllen einer antifaschistischen Parole im Stadion am Millerntor, zeigte der DFB zwei Dinge: wie man in vier einfachen Schritten in ein PR-Desaster steuert. Und dass er alle Menschen, die sich Fußball anschauen, für total blöd hält. Weiterlesen
Die unerträgliche Möglichkeit des Unmöglichen II
Wer ist schon an einem Sonntagmorgen vor acht Uhr im Auto unterwegs und hört Radio, wenn er den Abend davor bis spät in die Nacht aus war? Bestimmt die allerwenigsten. Ich gehöre zu diesem Menschenschlag. Sich zu so früher Stunde hinter das Lenkrad zu setzen birgt jedoch Gefahren. Nicht wegen des Restalkohols im Blut und unerwarteter Morgenkontrollen der Polizei. Sondern wegen bizarrer Radiobeiträge, die von literarischen Wunderleistungen erzählen, die man fälschlicher Weise für Spätprodukte des vorabendlichen Gelages hält. Und dadurch seine literarischen Chancen auf einen Weltbestseller sausen lässt. Weiterlesen
Wie ich als Berufsanfänger für den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands sorgte
Auf diese Episode aus den Anfangstagen meines Berufslebens kann ich wirklich nicht stolz sein. Immerhin hätte hier ein ganzes Land vor die Hunde gehen können. Viele Leute hätten ihre Jobs verloren. Unmengen an Geld wäre vernichtet worden. Traditionsunternehmen hätte es vom Markt gefegt. Aber zum Glück hat meine Firma rechtzeitig die Reißleine gezogen und Schlimmeres verhindert. Mein Vergehen bei der ganzen Sache, so simpel wie hinterlistig: ich war in die falsche Wohnung gezogen. Weiterlesen
Der Michael Moore Schleswig-Holsteins
Der amerikanische Regisseur Michael Moore dürfte den Meisten ein Begriff sein. Das ist dieser dokumentarfilmende Kuschelbär, der der amerikanischen Gesellschaft mit Filmen wie Bowling for Columbine, Fahrenheit 9/11 oder Kapitalismus: eine Liebesgeschichte den Spiegel vorhält und Missstände kritisiert, die sich andere nicht trauen anzusprechen. Natürlich gibt es solche Typen auch in Deutschland, Günter Wallraff zum Beispiel. Nur ist der inzwischen in die Jahre gekommen. Daher Zeit für ein neues, unverbrauchtes Gesicht, das sich zudem einem gesellschaftlichen Thema annimmt, das zu den heißesten Eisen seit Erfindung der Hölle gehört: Finanzierung der Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur unter Beteiligung der Verkehrsteilnehmer. Seit dieser Woche kümmert sich Torsten Albig darum, nachdem er für die Autofahrer eine Sonderabgabe zur Reparatur der Verkehrsinfrastruktur ins Spiel brachte. Hinter dieser Forderung steckt jedoch kein Mut unangenehme Dinge anzusprechen, sondern die Ignoranz realer Zusammenhänge. Weiterlesen