Was um Himmels Willen ist denn jetzt los? Da hatten wir uns doch schon darauf eingestellt, in den olympischen Winterspielmodus zu schalten, wahlweise in den Negativen (“ich sehe mir davon nicht eine Minute an, weil Putin arme homosexuelle Hunde drangsaliert”) oder den Positiven (“scheiß auf die Kritik, Hauptsache wir holen beim Rodeln alle Goldmedaillen”) und nun das! Pünktlich zu Beginn der Winterspiele wird Deutschland von einem politischen Skandal abscheulichen Ausmaßes erfasst. Verschwörungstheoretiker erkennen sofort: das ist Putins Ablenkungswerk!
Und natürlich ist das Quatsch! Denn für ein Ablenkungsmanöver haben sich die Ereignisse in den vergangenen Tagen zu sehr überschlagen und zu einem frühen Zwischenergebnis geführt. Das haben Ereignisse so an sich, wenn Dinge außer Kontrolle geraten und nicht mehr im Dementi- und Beschwichtigungsgestöber zurückgehalten werden können. Deshalb ist Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich auch am Freitag zurückgetreten. Wobei er schon in Paulchen-Panther-Manier angekündigt hat, irgendwann wieder zurück zu kommen.
Natürlich ist mit dem Rücktritt von Hans-Peter Friedrich der Skandal um Sebastian Edathy noch lange nicht beendet. Noch zu viele Fragen sind offen, zu viele Aspekte in Halbklarheiten gehüllt, zu viele Informationen nur bruchstückhaft zusammengesetzt. Dennoch haben wir uns in dem Fall das erbärmliche Rumgehample von Darstellungen, Gegendarstellungen, scharfen Zurückweisungen und juristischen Drohgebärden erspart, wie es in den Skandalen um Karl Theodor zu Guttenberg oder Christian Wulf der Fall war. Auch wenn einige Juristen wieder ein akademisches Palaver über die Frage, ob Friedrich plaudern durfte, sollte, musste oder den Mund hätte halten müssen, entfachen wollten, das niemanden genutzt hätte.
Sechs Tage hat alles gedauert, vom plötzlichen Rücktritt Edathys, über die Verstrickungen der SPD-Spitze bis hin zum Rücktritt von Friedrich. Und natürlich haben wir währenddessen vier Goldmedaillen beim Rodeln geholt, aber das interessiert nur am Rande. Der große Paukenschlag war da, jetzt liegen die Scherben auf den Boden und müssen zusammengekehrt werden. Die Arbeit kann beginnen!