Die wundersame Rettung der Tour de France

In diesem Jahr wird die Tour de France zum 100. Mal ausgetragen. Ein Jubiläum, das gefeiert werden will, für das man sich rausputzen und im besten Licht präsentieren muss. Angesichts der Dopingskandale und juristischen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre, die zum Schluss nur einen schweigenden Arzt auf Bewährung und einen entthronten Ex-Superradler hervorbrachten, fast schon eine Herkulesaufgabe.

Doch zur Überraschung aller Skeptiker ist es der Tour de France in diesem Jahr gelungen, nicht im Dopingstrudel unterzugehen, weil sie ihr Schmuddelimage losgeworden ist. Das heißt natürlich nicht, dass sie sich ein neues, unbelastetes, positives Image zugelegt hat. Auch wenn mit Danny van Poppel ein unbekümmertes Gesicht durch die Gegend strahlt und kurzzeitig die romantische Vorstellung, es ginge nur “ums Strampeln”, wiederbelebt hat. Aber es bleiben ja noch einmal 100 Jahre, um auch das hinzukriegen.

Die wundersame Rettung der Tour de France hat auch nichts mit Jan Ullrich zu tun. Auch wenn der in einem Interview mit dem Focus endlich sein jahreslanges Doping zugegeben hat. Nachdem es alle bereits wussten und ihn damit über Jahre konfrontierten, was er wiederum über Jahre mit Hilfe juristischer Beistände vehement zu bestreiten versuchte.

Nein, die wundersame Rettung der Tour de France basiert auf einem alten Bürotrick: Probleme, auf die man absolut keine Lust hat, einfach auf einen anderen Blöden abzuwälzen. Na, kommt Ihnen das aus dem Büroalltag bekannt vor? Wenn der Blöde sich dann auch noch freiwillig um diese Probleme kümmert, hat man das ganz große Los gezogen. In diesem Jahr ist der Blöde die Leichtathletik.

Denn seit ein paar Tagen wissen wir: bei den 100-Meter Sprintern und Sprinterinnen “läuft” nicht alles mit rechten Dinge ab, nachdem Tyson Gay, Asafa Powell, Nesta Carter und Sherone Simpson positiv auf Dopingsubstanzen getestet wurden. Und Schwupps hat eine andere Sportart das Schmuddelimage an der Backe.

Jedoch glaube ich, dass dieser Dopingskandal anderes verlaufen wird als alle bisherigen. Er wird die Sportwelt verändern und Doping ein für alle aus dem Leistungssport verbannen. Damit hätte die Tour de France nicht nur sich selbst gerettet, sondern auch den Sport an sich. Denn der Dopingskandal in der Leichtathletik zeigt: Doping nützt überhaupt nichts! Gay, Powell und Carter sind trotzdem langsamer als Usain Bolt. Kann es ein deutlicheres Argument für den sauberen Sport geben. Leute wie Eufemiano Fuentes können einpacken, ausnahmsweise mal nicht, weil die Polizei schon unterwegs ist.

Bolt? Usain Bolt? Der hat sich zu dem Dopingskandal bisher nicht geäußert und da höre ich schon die ersten, die hinter vorgehaltenen Händen flüstern: wenn alle anderen was genommen haben, wieso ausgerechnet er nicht? Halt! Stopp! Bitte nicht so ungeduldig. Usain Bolt ist nur auf der Tartanbahn der Schnellste. Bei solchen Fragen muss man Geduld aufbringen. Bei Jan Ullrich hat es schließlich auch gedauert.