Tolle Wurst – das Nachspiel

Haben Sie auch die Wurst gesehen, die vor einigen Tagen durch die Medienlandschaft gelaufen ist? Nicht?! Dann würde man Sie bei McKinsey nicht nehmen. Ok, dort laufen keine Würste durch die Landschaft, sondern Gorillas über den Bildschirm. Und wenn Sie einen bei einem Basketballspiel erkennen, gelten Sie als Führungstalent. Wenn Sie glauben, was McKinsey Ihnen sagt.

Aber die Wurst haben Sie wirklich nicht gesehen, oder? Dann hat die Wurst alles richtig gemacht und ihren Auftritt unauffällig inszeniert. Wirklich eine tolle Wurst. Ach, was schreibe ich den eigentlich?! Ich meinte doch Uli Hoeneß!

Vor ein paar Tagen tickerte nämlich dieser Artikel durch die Medienlandschaft, dem zufolge Uli Hoeneß in der Steuerhinterziehungsaffäre mit einer milden Strafe rechnen kann. Welch eine Entwicklung! Hatte der Klarspüler nicht genau dies in einem früheren Beitrag vorhergesagt? Die Bewährung kommt natürlich nicht von ungefähr. Nachdem noch einmal richtig nachgerechnet wurde, ist die berühmte Grenze von 1 Mio. € hinterzogene Steuern doch nicht überschritten. Getreu der Rechenlogik: das Ergebnis führt zum Rechenweg, nicht umgekehrt.

Einen medialen Aufschrei hat es nicht gegeben. Verständlich. Immerhin leben wir jetzt in der Ära nach den Snowden-Enthüllungen. Und außerdem haben Kate und William gerade Nachwuchs bekommen. Somit ideale Ablenkungsbedingungen um als Kurzmeldung durchzuschlüpfen. Natürlich ist diese nur eine durchgesickerte Spekulation, da die Ermittlungen noch laufen. Aber mit manchen Gerüchten ist es wie mit einem Steinschlag: den kann auch keiner mehr aufhalten.

Juristisch müsste die Angelegenheit also durch sein und Otto Normalwutbürger sollte jetzt tunlichst vermeiden, sich weiterhin über diese Entwicklung zu echauffieren oder gar eine Sonderbehandlung prominenter Personen vor deutschen Gerichten zu unterstellen – sonst fängt er sich ganz schnell den diskreditierenden Stempel eines vorurteilsbeladenen, neidischen Nörglers ein, der überall Ungerechtigkeiten, Kumpanei und Trickserei wittert, und auf Teufel komm raus eine Verurteilung sehen will, auch wenn nichts vorliegt.

Das einzige was Otto Normalwutbürger jetzt noch machen kann ist, für sich eine Erklärung zu finden, die ihn trotz Bauchschmerzen seines Gerechtigkeitsgefühls schlafen lässt. Vielleicht etwas Quasi-Esoterisches oder etwas das die Affäre um Uli Hoeneß aus einem neuen Blickwinkel betrachtet, der für Otto Normalwutbürger aber nachvollziehbar ist. Ich hab da mal was vorbereitet:

Im Grunde kann Uli Hoeneß für die Steuerhinterziehung nichts, da er das nur aus purer Angst gemacht hat. Deshalb ist es ja auch so etwas wie Notwehr. Vielleicht nicht ganz verhältnismäßig, deshalb muss eine kleine Bestrafung sein, aber es liegt noch lange keine Straftat vor. Das mit der Angst in finanziellen Dingen kennt Otto Normalwutbürger auch: z.B. die Angst den Arbeitsplatz zu verlieren oder nicht richtig fürs Alter vorgesorgt zu haben. Jetzt sind das natürlich Ängste, die in hoeneßschen Kreisen unbekannt sind. Aber auch dort gibt es Ängste: sozial-finanzielle Ängste, wie den Gesichtsverlust aufgrund unterlassener Investitionen. Und nur deshalb hat sich Uli Hoeneß dazu hinreißen lassen. Na klar, wenn man ständig von seinen Old-Boys-Kumpels zu hören bekommt, welche renditeträchtige Investition wieder getätigt wurde, welche Beteiligung mal wieder mächtig viel Kohle abgeworfen hat, mit welcher Anlage man ein hübsches Sümmchen ergattert hat, geht das nicht spurlos an einem vorbei. Da wirkt der Gruppendruck. Und da will man natürlich mitmischen, um nicht im Abseits zu stehen oder als Weichei zu gelten.

Das war es also: die Angst vor sozialer Isolation. Insofern: Uli, ich kann dich verstehen. Doch. Irgendwie. Es geht mir auch schon besser. Und der Ärger ist praktisch verflogen.

Fanden Sie das jetzt etwas abgedreht? Verstehe. Vielleicht sollte man es sich doch nur schöntrinken? Wenigstens hat dann der Wirt aus der Stammkneipe etwas davon.